Mykotoxikose – Schimmelpilzvergiftung durch Heu
Mykotoxikose THP 6_23. (PDF)
Heu sollte neben Frischfutter ad libitum zur Verfügung stehen. Besonders wenn man im Winter die Frischfütterung von Wiese auf Gemüse und Salate umstellen muss, ist Heu ein wichtiger Rohfaser-Lieferant für die Kaninchen.
Allerdings ist Heu bezüglich der Ernte, Verarbeitung und Lagerung nicht ganz unempfindlich. Schnell können im Heu Schimmelpilze entstehen. Entweder schon bei der Ernte, wenn es zu früh zu Ballen gepresst wird und noch zu viel Restfeuchtigkeit hat oder später während der Lagerung.
Es sind ca. 250 verschiedene Schimmelpilzarten bekannt, die mehr als 300 verschiedene Mykotoxine bilden. Schätzungen gehen sogar von mehreren Tausend noch unbekannten Mykotoxinen aus.
Häufig anzutreffende Schimmelpilze im Heu sind:
Aspergillus – ein hochgiftiger Verderbnispilz, der unsichtbar und geruchlos ist. Ein Mykotoxin des Aspergillus ist das Aflatoxin. Dieses Toxin begünstigt den Zelltod und löst Allergien aus. Er kann sich in den oberen Atemwegen ansiedeln und auch Blutgerinnungsstörungen fördern. In feucht warmer Umgebung fühlt er sich besonders wohl. Bei langanhaltenden Leberproblemen aus unerklärter Ursache sollte man auch immer an den Aspergillus denken.
Schwärzepilze – sind Organismen die sich von toten, organischen Stoffen ernähren. Der Cladosporium ist hier am häufigsten anzutreffen. Diese Schwärzepilze wachsen schnell und sind gut sichtbar. Sie sehen samtig aus und sind olivgrün bis schwarz. Schlechte Luftzirkulation und hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen diese Art von Schimmelpilzen. Er löst vor allem Atemwegsprobleme und allergischen Husten, Nesselfieber, Asthma und Schleimhautentzündungen der Atemwege aus. Der Cladosporium ist auch aus schimmligen Wohnungen bekannt und ist für Menschen sehr gefährlich.
Penicillum – auch ein großer Allergieauslöser. Der Penicillum zählt zu dem Pinselschimmel, welche man an dem flaumig, haarigen Aussehen erkennt (z.B. wie bei Marmelade oder Käse). Ständiger Kontakt mit diesem Schimmel ist sehr schädlich. Er ist ein sicherer Weg für allergische Atemwegsprobleme.
Stachybotrys – erzeugt Entzündungen in den Schleimhäuten, den Atemwegen, im Magen-Darmtrakt und den inneren Organen (Lunge, Leber, Niere, Milz). Die Mykotoxine die er bildet sind sehr giftig und werden sogar über die Atmung und durch Hautkontakt aufgenommen. Hautreizungen, Läsionen der Schleimhäute, Augenschwellung, Muskelschmerzen, Müdigkeit treten bei Kontakt mit diesen Pilzsporen unter anderem auf. Außerdem beeinträchtigt er die Blutbildung und zeigt sich im Blutbild durch eine Leukopenie.
Ein Schwarzschimmelpilz, ist tückisch und gefährlich, weil man ihn meist nicht sieht.
Auch kleine Mengen an Schimmelsporen können zu Erkrankungen führen! Beim Menschen wird Schwarzschimmel sogar mit Demenz in Zusammenhang gebracht.
Das Thema Schimmel insbesondere der Schwarzschimmelpilz Stachybotrys war in den 80er und 90er Jahren, besonders in der Pferdehaltung, ein größeres Thema. Leider ist er etwas in Vergessenheit geraten, obwohl dieser Schimmelpilz immer noch regelmäßig in Heuproben nachgewiesen wird und ist bei der Haltung von Heimtieren wenig bekannt.
In Untersuchungen konnte nachgewiesen werden das bereits 200g von Stachybotrys-verseuchtem Heu für ein Pferd tödlich sein können -> Stachybotryotoxikose! Es ist also nicht verwunderlich das Kaninchen bei kleinen Mengen schon erkranken können.
Aufgrund mangelnder Informationen werden Erkrankungen der Tiere häufig nicht mit Belastungen durch Schwarzschimmelpilze in Zusammenhang gebracht.
Vergiftung durch Mykotoxine
Der Schimmel an sich ist nicht das primär Gefährliche, sondern die Gifte die er produziert, sogenannte Mykotoxine ‼️
Diese Mycotoxine lösen Vergiftungen aus und führen zu Erkrankungen die tödlich enden können. Akute Schimmelpilzvergiftungen sind selten, häufiger sind schleichende Verläufe die sich in sehr diffusen Krankheitssymptomen zeigen. Dazu gehören vor allem Verdauungsstörungen, Müdigkeit, Abmagerung, Appetitlosigkeit, Aufgasungen, ein geschwächtes Immunsystem, Husten, Allergien, Leber- und Nirenerkrankungen, Tumore, Entzündungen der Schleimhäute und inneren Organe, Wundheilungsstörungen und Todesfälle.
Mykotoxine kann man weder riechen, noch sehen, noch schmecken. Zudem stehen die Toxinmengen in keiner Relation zum Pilzwachstum, was bedeutet das auch kleine Mengen an Schimmelpilzen zu einer hohen Toxinbelastung führen können. Die Gifte werden sowohl oral als auch über die Luft oder die Haut aufgenommen. Pilze wachsen nicht nur oberflächlich, sondern dringen tief in das Futter ein und scheiden dort die Mykotoxine aus oder lagern sie in den Zellen ein und setzen sie frei wenn das Pilzmyzel auseinanderbricht. Ein Großteil der Mykotoxine wird über das Futter aufgenommen.
Erste Symptome in Außenhaltung sind meist Läsionen der Maulschleimhaut, Schwellungen der Zunge und Augenentzündungen. In Innenhaltung sind es eher Atembeschwerden, Nasenausfluss und Verdauungprobleme, wie Aufgasungen.
Durch die aufgenommenen Gifte kann die Bildung von Leukozyten behindert werden, was das Immunsystem schwächt und es kann zu weiteren Sekundärerkrankungen kommen. Die betroffenen Tiere werden empfindlich gegenüber bakteriellen oder parasitären Infektionen.
Treten die ersten Symptome auf ist eine Behandlung leider häufig schwierig. Es gibt keine Therapie die gegen Vergiftungen durch Mycotoxine wirksam ist. Man kann lediglich versuchen die Symptome zu behandeln. Aufgasungen werden herkömmlich behandelt, Atemprobleme und Entzündungen kann man versuchen mit einem geeigneten Antibiotikum zu behandeln.
Bedauerlicherweise ist die Prognose häufig nicht gut und bei betroffenen Tieren tritt meist der Tod ein.
Was die Diagnose erschwert, ist die Tatsache das nicht alle Tiere gleichschnell erkranken müssen. Die Abstände zwischen den Erkrankungen können relativ groß sein, teilweise mit mehreren Wochen dazwischen. Bei immer mal wieder auftretenden Krankheiten, mit unterschiedlichen Symptomen, ist es nicht einfach einen Zusammenhang zum Futtermittel bzw. Heu herzustellen. Deshalb ist es wichtig diese Möglichkeit im Hinterkopf zu behalten. Wenn immer mal wieder Tiere in einer Gruppe erkranken, ohne das eine offensichtliche Ursache gefunden wird, könnte ein Schimmelpilz dahinter stecken.
Behandlung von Mykotoxikosen
Eine gezielte Behandlung von Vergiftungen durch Schimmelpilze ist leider nicht möglich. Es kann eine symptomatische Behandlung, je nach Krankheitsbild, versucht werden.
Außerdem kann bei indirekt betroffenen Tieren (also vor dem Ausbruch von Symptomen) eine Ausweitung der Mykotoxine versucht werden.
Aktivkohle kann Schimmelpilze im Darm aufnehmen und diese mit dem Kot ausscheiden. Hier eignet sich z. B. Sobamin für Kaninchen und andere Tiere.
Chlorophyll kann die Leber vor schimmelpilzbedingten Erkrankungen Schäden schützen. Chlorophyll bildet mit Aflatoxinen Komplexe, so das diese gebunden und ausgeschieden werden können. Chlorophyll ist in hoher Konzentration in Küchenkräutern, Brennnessel, Löwenzahn und anderen grünen Wildkräutern enthalten. Zur Entgiftung eignen sich auch Nahrungsergänzungsmittel aus Chlorella, Spirulina oder Gerstengraspulver.
Zeolith kann helfen Toxine im Körper zu binden und diese auszuscheiden. Beides sollte jeweils nur in kleinen Mengen verabreicht werden.
Alle drei Maßnamen können zu einer komplexen Entgiftungskur kombiniert werden, welche über einen Zeitraum von ca. 8-12 Wochen durchgeführt werden sollte.
Wie entstehen Schimmelpilze im Heu?
Der Schimmel im Heu entsteht beispielsweise wenn das Heu nicht richtig durchgetrocknet ist bevor es zu Ballen gepresst wird, das war im Jahr 2021, durch den nassen Sommer, ein großes Problem ☝🏼
Natürlich spielt auch die Lagerung eine wichtige Rolle. Feuchtigkeit und Wärme fördern das Wachstum von Schimmelpilzen. Deshalb sollte Heu nicht in Plastiktüten oder unter Planen gelagert werden, nie Nässe oder Feuchtigkeit ausgesetzt sein und die Ballen sollten luftig gelagert werden.
Gut geeignet für die Lagerung in der Wohnung oder im Außengehege sind z. B. Auflagenboxen für Gartenpolster. Sie sind gut belüftet und es sammelt sich keine Feuchtigkeit. Auch zum Ende der Vorräte, wenn die Box fast leer ist, sollte der Boden der Box trocken und das Heu immer noch frisch und luftig sein.
Hat man den Schwarzschimmel einmal im Haus oder Stall wird man ihn leider nicht mehr so einfach los. Die Schimmelsporen verteilen sich in der Umgebung und können dort über Jahre verbleiben und neue Futtermittel verseuchen. Selbst wenn die Schimmelsporen inaktiv im Heu oder der Umgebung lauern, können sie auch nach Jahren wieder reaktiviert werden, z. B. wenn das Heu durch Regen nass wird.
Was kann man gegen Schimmelpilze im Stall tun?
Als erstes muss die Ursache beseitigt werden: das betroffene Heu wird vollständig entfernt! Feuchtigkeit in Gemäuern, Ställen usw. muss behoben und alles muss sehr gründlich gereinigt werden. Zu stark betroffenes Inventar muss entsorgt werden.
Danach können alle unmittelbar betroffenen Stellen mit 3%igem Wasserstoffperoxid besprüht werden, welches sehr wirksam gegen Schimmelpilze ist. In der Literatur werden auch Essig-und Alkoholmischungen empfohlen, wobei sich Wasserstoffperoxid wohl als am wirksamsten erwiesen hat, sogar wirksamer als die meisten chemische Antipilzmittel. Wichtig ist das alles was mit dem Heu in Berührung gekommen ist, sehr gut gereinigt wird! Dabei unbedingt an Aufbewahrungsboxen, Futterplätze, Ställe usw. denken, ggf. auch das Auto in dem das Heu transportiert wurde.
Geschlossene Räume werden nun mit einem Ozongenerator desinfiziert. Diese Geräte produzieren Ozon direkt aus der Luft, man braucht kein zusätzliches Material. Und sie beseitigen außer Schimmelpilzen auch Bakterien, Viren, Parasiten und schlechte Gerüche zuverlässig.
Da Ozon giftig ist darf sich während der Anwendung kein Lebewesen in dem Raum aufhalten!
Nach der Anwendung verwandelt sich Ozon, je nach Output des Gerätes, innerhalb von 30-120 Minuten wieder zu Sauerstoff. Die Umgebung ist dann keimfrei und unbedenklich für Menschen und Tiere. Gründliches lüften ist obligat!
Tip: Offene Ställe kann man mit Folie verschließen. Alle Möbel aus dem Außengehege können im geschlossenen Stall mitdesinfiziert werden, denn der Ozongenerator vernebelt den ganzen Raum. Bitte immer die jeweilige Gebrauchsanleitung beachten.
Solche Ozongeneratoren sind im Einzelhandel zum Kauf oder zur Miete erhältlich und meines Erachtens nach die beste Option um die Umgebung wieder bewohnbar zu machen. -> Verleih Ozongenerator
Ozon ist übrigens auch geeignet um Bakterien, Viren und schlechte Gerüche zu eliminieren.
Woran erkennt man belastetes Heu? 🔍
Wie immer ist vorbeugen natürlich besser als heilen! Aber wie kann man Schimmel 🧫 im Heu feststellen?
Im Grunde müsste das Heu in ein entsprechendes Labor 🥼 eingeschickt, dort eine Kultur angelegt und diese untersucht werden.
In größeren Anlagen für Pferde ist es durchaus sinnvoll dies von Zeit zu Zeit zu machen ☝🏼 Bei einzelnen Heuballen, die man für Heimtiere kauft, ist dies eher unpraktikabel.
Aber auch Zuhause kann man eine erste Beurteilung des Heus vornhemen:
Das Heu sollte grün (nicht braun!) sein und frisch duften. Riecht es muffig, brandig, faulig oder verursacht bei einem tiefen Atemzug ein Kitzeln in der Nase kann dies ein Hinweis auf Schimmelpilze im Heu sein. Das gleiche gilt übrigens wenn die Kaninchen beim Heu futtern immer niesen müssen! Versursacht ein tiefer Atemzug ins Heu ein Stechen in der Stirnhöhle ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine bereits fortgeschrittene Belastung mit Schimmelpilzen. Dieses Heu wird am besten sofort entsorgt und keinesfalls verfüttert! Eine gründliche Reinigung sollte erfolgen bevor neues Heu eingelagert wird.
Außerdem sollte das Heu staubfrei sein. Dies kann man einfach prüfen indem man eine handvoll Heu, am besten gegen das Licht, in die Luft wirft und schaut wie es herunterfällt. Bildet sich eine Staubwolke in der Luft, die langsam zu Boden rieselt, können dies Anzeichen von Schimmelsporen sein!
Hat man einen schlechten Eindruck von der Qualität des Heus, sollte man im Zweifelsfall auf sein Bauchgefühl hören und das Heu lieber entsorgen ⚠️
An uns selbst sollten wir bei diesem Thema auch denken! Auch unsere Gesundheit ist betroffen, wenn wir tagtäglich mit kontaminiertem Heu hantieren.
In diesem Sinne: passt gut auf euch und eure Lieben auf 🍀❣️